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Caro's Welt

23. November 2023

Wie viel Gerti steckt in Caro?

Ich habe meine Marke und die Hauptfigur in unseren Geschichten "GERTY" genannt, weil ich meiner Mama ihre Ehre und Würdigkeit post Mortem zurück geben möchte. Weil ich damit ein Zeichen setzen möchte für Menschen, die aufgrund von Alkoholproblemen oder einer Alkoholerkrankung sich selbst stigmatisieren oder von anderen Menschen missverstanden und diskreditiert werden.

GERTY NUSS möchte vielen Menschen eine Stimme geben, die sich bisher nicht trauen offen über Probleme mit Alkohol zu sprechen. Vor allem in Kreisen und Situationen, in denen Alkohol selbstverständlich dazu gehören. Wir möchten Mut machen und Impulse geben, um einfach im Alltag weniger Alkohol und mehr Liebe zuzulassen.

Gerti und ich haben uns viel Liebe und Lebenszeit verschenkt, weil wir uns aus Scham und Schuldgefühlen zu lange nicht geholfen haben. Zu viele Menschen sprechen ständig verharmlosend oder verherrlichend über Alkohol, zu wenige Menschen sprechen offen und ehrlich mit oder über Alkohol. Alkohol ist ein Zellgift und eine Droge, kein Genussmittel.

Wir möchten allen die mit diesem Gift kulturell oder institutionell verbunden sind deutlich machen, dass Alkohol Menschen schadet. Die Untaten und das Leid, welches mit Alkohol verursacht wird, hat nichts mit der Liebenswertigkeit des Menschen und wenig mit deren Charakter oder Willensstärke zu tun.

Vernachlässigen Mütter ihre Kinder, weil sie ein Alkoholproblem haben, sind sie nicht per se verantwortungslose Menschen.

Menschen, die kultiviert genussvoll trinken sind genauso wenig per se souveräner, charkterstärker oder verantwortungsvoll. Meiner Meinung nach vergeben sich Alkoholtrinkende mit jedem genüsslichen Alkoholmomente ihre echte Selbstwirksamkeit.

Niemand sollte sich in Deutschland wegen alkoholbedingter Problemen schämen müssen. Seid unterstützend mit Euch und anderen wenn der Griff zu alkoholischen Getränken häufiger erfolgt, als es einem lieb ist. Macht Euch selbst keine Vorwürfe und haltet Euch mit Schuldzuweisungen bei Menschen zurück, die alkoholbedingt chronisch oder schwer erkranken. Kein Mensch hat Schuld an irgendeiner Erkrankung. Alkohol hingegen schon.

Seitdem ich alkoholfrei lebe und an GERTY NUSS arbeite, verstehe ich immer besser, was mit mir als Kind und als trinkend Heranwachsende passiert ist. Ich verstehe, warum ich immer so sehr im "Außen" unterwegs war und warum ich in mir oft leer und taub bin. Das "Heldenkind" ist ruhelos und unsicher.

Meine Mama Gerti war wenig präsent und greifbar für mich. Nicht nur wenn sie trank. Auch sie stammt aus einem suchtbelasteten Trennungshaushalt aus den 1960ern. Sie war generell sehr auf die Themen anderer fokussiert, sehr hilfsbereit bis aufopfernd für andere Menschen. Für mich konnte sie die Energie nie aufbringen. Irgendwann ließ ich sie das auch nicht mehr tun. Und ich glaube sie fühlte sich weniger wert als ich und als wir beide Erwachsen waren und sie spürte, dass ich sie als Mama nicht ernst oder als Vorbild sehen konnte oder wollte, nahm sie sich auch einfach zurück und war froh wenn wir alle paar Monate mal kurz telefonieren konnten.

Je älter ich wurde und je besser es mir ging, desto häufiger sagte ich ihr, dass sie sich keine Vorwürfe machen solle. Das kam aber nie bei ihr an. Wenn man mal ein negatives Selbstbild von sich aufgebaut hat, gedanklich, ist es verdammt schwer sich selbst anders wahrzunehmen oder zu spüren. Vor allem weil sie ja auf der einen Seite ihren ständigen Suchtdruck spürte und auf der anderen Seite auch aus der Ferne mitbekam, dass auch ich gut dabei war beim Trinken. Sie besuchte mich als ich 2010 mit Pankreatitis im Krankenhaus war. Es war für uns beide eine skurrile Situation. Keine von uns beiden sprach Klartext. Beide fühlten wir uns unwohl und überfordert als wir uns sahen.

Insgeheim klopfe ich häufig in mir ab, wie viel von Gerti in mir steckt. Auch weil ich jahrzehntelang mit einem Vergleich zu meiner Mutter beleidigt werden sollte. "Du bist wie Deine Mutter" als Vorwurf formuliert zu erhalten ist aus verschiedenen Gründen schmerzhaft. Man spricht Dir ab eine eigenständige Identität zu sein und setzt den Menschen, der dich auf die Welt gebracht hat als Beleidigung ein.

In mir sind meine Erfahrungen als Kind von Gerti, die in mir Ängste auslösen. Vordergründig, verlassen oder nicht geliebt zu werden. Und die Angst, keine gute Mutter sein zu können. Ich denke so oft nach, dass ich in vielen Situationen das Gefühl für mich und ein Gespür für mein Umfeld verliere, unsicher werde, mich in einer Spirale an angstgesteuerten Gedanken befinde.

Dabei mache ich wohl einiges richtig, intuitiv.

"Ich bin ich und ich bin gut so wie ich bin."

Das muss ich mir oft sagen und es kommt noch nicht tief genug an wenn "nur ich" das zu mir sage. Anerkennung von außen ist mir nach wie vor wichtig, wie vielen Menschen. Wir sind alle soziale Wesen und benötigen Wertschätzung.

Ich bin liebevoll und umsichtig mit meinen Jungs. Ich bin genauso wie andere Eltern auch mal ungehalten und motzig, abgelenkt, gestresst, genervt und alles was zum Eltern sein dazu gehört.

Ich bin genauso normal und anormal wie jeder andere Mensch auch. Ich bin Caro, die Mama meiner Kinder und Caro, die Tochter von Gerti. Für beides bin ich dankbar und auf beides bin ich stolz.

Gerti und Caro verbindet ein grenzenloser Idealismus, Begeisterungsfähigkeit und Hartnäckigkeit.

Danke Gerti, für Dein Erbe.

Ich durfte heute wieder ein wertschätzendes Interview für YouTube führen, habe einen Auftrag erhalten und war bei einer sehr unterstützenden Traumabehandlung. Ich tue weiterhin alles was in meiner Macht steht, um für meine Jungs und mich gesund zu bleiben und Kindern in Deutschland einen alkoholfreien Alltag zu ermöglichen ... und es erfüllt uns alle.

DANKE 2023 - was für ein intensives Jahr trotz oder wegen der belastenden Weltsituation und dem Leid vieler Kinder, das zu unseren Themen ein wirkliches Problem darstellt, möchte ich dafür umso dankbarer sein und weiter dabei helfen unsere Welt jeden Tag ein Stückchen stärker zu machen.

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