Unserem Betrachtungsmodell liegt die Annahme zugrunde, dass zu dem Beobachtungszeitraum kein oder kaum ein Bewusstsein für die Vorzüge einer längeren Alkoholfreiheit existiert und Alkohol vordergründig unkritisch als #Genussmittel oder #Kulturgut wahrgenommen wird. Der alkoholisierte Zustand wird stets herbeigesehnt, der alkoholfreie eher überwunden oder ausgehalten, als genossen.
Menschen, die unter einem problematischen Umgang mit #Alkohol leiden, sind sich ihrer (beginnenden oder bereits gewöhnlich entwickelten) #Abhängigkeit und gedanklichen Unfreiheit nicht bewusst bzw. verdrängen Phasen, in denen sie sich mit ihrem #Alkoholkonsum nicht gut fühlen. Probleme mit Alkohol werden relativiert oder verharmlost und eher in der trinkenden Person als in der Substanz Alkohol als #Droge gesehen.
Kontrollverlust wird negativ konnotiert als menschliches Fehlverhalten oder Charakterschwäche bzw. mangelnde Willenskraft kategorisiert oder als lustige Wirkung eines jederzeit maßvoll genießbaren Zellgifts bagatellisiert.
Bei problematischem Trinkverhalten wird häufig ein mangelnder #Selbstwert mit einem übersteigerten #Selbstbewusstsein mit möglicher Selbstüberschätzung oder Selbstüberzeichnung versucht zu verdecken. In der Außendarstellung kann entweder eine gewisse #Überheblichkeit oder unreflektierte #Opferhaltung beobachtet werden.
Der Moment X, bis wann ein trinkender Mensch weniger, kontrollierter oder länger nicht mehr trinken möchte, wird immer wieder weiter geschoben. Trinkregeln werden je nach Situation neu definiert oder angepasst.
Regelbrüche oder Kontrollverlust wird regelmäßig gerechtfertigt, auch durch zahlreiche gesellschaftliche Anlässe. Währenddessen sinkt das Selbstvertrauen in die eigene Kompetenz für kontrolliertes Trinken. Die eigene Selbstwirksamkeit wird ständig in den Ring mit der meist unterschätzten Droge der Welt geworfen, um bei einem Leben mit Alkohol mithalten zu können.
Ein alkoholfreies Leben wird in dieser Phase als persönliche Kapitulation, Unfreiheit und als Ende eines gesellschaftlich erstrebenswerten Lebens wahrgenommen.
Wie frei und vitalisierend sich eine Alkoholunabhängigkeit anfühlen kann, kann aus Angst vor einem potentiellem Eingeständnis einer lebenslangen Suchterkrankung mit dem #Stigma Alki während dieses Mechanismus in bereits frühen Phasen der beginnenden Alkoholabhängigkeit mit noch bestehender Chance auf Heilung (ohne Rückfall) oft nicht ohne externe Impulse identifiziert und verstanden werden.
In vielen Fällen muss erst ein großer persönlicher oder körperlicher Leidensdruck entstehen, bevor Menschen aus dem beschriebenen Denkmuster ausbrechen können. In einigen Fällen helfen positive Beispiele anderer Betroffener, um Sucht zu entstigmatisieren, Alkoholprobleme zu erkennen, sich einzugestehen und Hilfe zu suchen.