Mir will das Zitat von Herrn Huber bei Lanz im ZDF diese Woche nicht so recht aus dem Kopf gehen "Lebensfreude schlecht reden"...
Genau diese kulturelle Verherrlichung des Alkoholtrinkens als wahren Genuss und echte Freude am Leben ist nach meinem Empfinden sozialisierter Betrug, nachdem seit 1988 bekannt ist, dass Alkohol in die gleiche karzinogene Gruppe einzuordnen ist wie Asbest.
Ich gönne jedem Menschen die private Entscheidung, sich mit einer Droge in einen euphorisierten Zustand oder Rauschzustand versetzen zu wollen. Auch ich möchte, dass das zu unserer persönlichen Freiheit gehört.
Es geht in der Diskussion um eine ehrliche Aufklärung über das Zellgift Alkohol nicht darum, ihn abzuschaffen oder das Trinken zu verbieten, sondern darum, das Bewusstsein für die gesundheitlichen Risiken zu schärfen. Und auch darum, durch einen kulturellen Wandel in Deutschland, Menschen die Chance zu geben auch alkoholfrei Lebensfreude zu entdecken sowie ohne Drogen Stress bewältigen, Entspannen, den Moment im Hier und Jetzt genießen oder in eine Ekstase kommen (wieder) zu erlernen. All das geht gesünder ohne Suchtmittel.
2013 starb meine Mutter an Leberzirrhose. 2014 kam mein erstes Kind zur Welt. Ich habe von der ersten Sekunde als das Leben in mir wuchs jedes erdenkliche Risiko versucht für mein Kind und mich von mir zu halten. Ich habe mich nicht mal mehr getraut auf einen Weihnachtsmarkt zu gehen, weil ich Angst hatte in einen Anschlag verwickelt zu werden. Dass ich 10 Jahre später ernsthaft darüber nachdenke, ob meine Söhne mit Waffen irgendwann unsere Demokratie verteidigen müssen, hätte ich diese Vision damals gehabt, hätte ich wohl gesagt "ich brauch einen Schnaps, der beruhigt die Nerven" so wie das die Großmutter bei Räuber Hotzenplotz auch seit langer Tradition weiß...
Jedenfalls: hätte mir jemand vor 20 oder 10 Jahren genau erklärt, wie gefährlich und krebserregend das Abbauprodukt von Alkohol Acetaldehyd bei geringsten Mengen bereits ist, wage ich die Hypothese aufzustellen, dass ich dann ggf. Jahre später nicht ein problematisches Trinkverhalten entwickelt hätte. Vielleicht hätte ich eine andere Sucht entwickelt, mein Krebsrisiko wäre heute allerdings wesentlich geringer.
2022 bekam ich eine ganz besondere Chance geschenkt, in den letzten 624 Tagen eine Lebensfreude, Klarheit und selbstbestimmte Kraft erleben zu dürfen, die ich bis dahin in keinem traditionellen Trinkmoment in Bayern, Köln oder Österreich erfahren hatte. Mein alkoholfreies Leben ist das schönste, was ich erleben konnte.
Ich möchte, dass meine Kinder in einer Gesellschaft groß werden, in der Lebensfreude, Wir-Gefühle und besondere Miteinander nicht immer automatisch von Drogenkonsum kulturell begleitet werden. Das ist doch ein völlig nachvollziehbares Bedürfnis, oder nicht?
Aber wieso geht das nicht? Und nein, ich werde Bayern nicht verlassen, ganz im Gegenteil, ich bleibe und werde helfen...