Caro's Welt
Keimzelle Familie
Tag 22 - Alkoholfreie Familienfürsorge
Familie als soziale Basisfunktion sicheren Lebens
Egal aus welcher Familie Kinder kommen, sie stellen ihr System zuhause erstmal nicht in Frage. Das was sie im Alltag erleben, ist ihr normal.
Egal wie schlimm es ist.
Keimzelle Familie
Du musst keine eigenen Kinder haben, um nachvollziehen zu können, was mit Kindern passiert wenn sie aufgrund von Alkoholkonsum dauerhaft vernachlässigt werden, das Verhalten ihrer Eltern oder nur eines Elternteils sehr stimmungsabhängig schwankt oder schwer für Kinder einzuschätzen ist. Du warst und bist ja selbst auch Kind. Über alkoholisierte Gewalt möchte und kann ich nicht berichten. Es scheint unvorstellbar, wie brutal Alkohol Menschen werden lässt und wie viel Gewalt und Leid durch diese Droge hinter verschlossenen Türen täglich unbemerkt passiert.
Das will sich niemand vor Augen führen, der gerade in einem kultivierten Neubau-Haushalt einen edlen Tropfen in bester Gesellschaft genießt. Eloquent und gepflegt. Behütet und bestenfalls geliebt.
Kinder von alkoholkranken Eltern spüren, dass etwas nicht stimmt, aber können es lange nicht zuordnen. Ich dachte lange, mit mir stimmt was nicht. Ich bin anders als andere. Und fragte mich ständig, warum Mama mich nicht lieb hat und was ich tun kann, damit sich das ändert.
Challenge 22 - Multiple Überforderungen
Auch Mama spürte, dass vieles nicht stimmte und war mit sich und ihrem Leben völlig überfordert. Sie liebte sich selbst nicht, sie fand sich selbst eklig, das hat sie oft rausgelassen. Wie sehr muss sie unter ihrem negativen Selbstbild gelitten haben. Ich erinnere mich noch an einige Momente, in denen ich spürte, dass sie meine Liebesgesuche nervten. Da war sie noch keine 30. Später als ich in die Pubertät kam, da “zahlte ich es ihr heim”. Genauso wenig wie sie eigentlich wollte, dass ich als kleines Mädchen unter ihr litt, wollte ich sie derart verletzen, aber auch ich wurde fies. Ich beschimpfte sie und behandelte sie schlecht. Ich hasste meine eigenen Gefühle zu ihr, doch ich konnte nicht anders. Insgesamt tat es verdammt weh. Wir wollten uns lieb haben wie eine normale Mama und eine normale Tochter, aber unser Leben lies das nie so wirklich zu. Ich habe manchmal das Gefühl dass ich erst 10 Jahre nach ihrem Tod beginne sie und mich selbst lieben zu lernen.
Solution 22 - Positive Selbsterfahrung
Da ich mit Alkohol sehr viele Erfahrungen gesammelt habe, als Kind einer alkoholkranken Mama, als selbst alkoholabhängiger Mensch in verschiedenen Lebensphasen und Lebensrollen und seit Sommer 2022 das unfassbare Glück habe all diese Erfahrungen nun alkoholfrei reflektieren und aufarbeiten zu können, weiß ich ziemlich genau was Kinder und Eltern in suchtbelasteten Familien brauchen:
Positive Selbsterfahrung.
Um ihren Selbstwert nicht zu verlieren bzw. überhaupt aufbauen zu können. Ohne Selbstwert keine Selbstliebe. Ohne die sind wir Menschen als soziale Wesen ein Leben lang emotionalen und gesundheitlichen Risiken ausgesetzt und für externe Einflüsse wie Drogen, soziale Medien oder manipulative Menschen wesentlich anfälliger als andere. Externe Einflüsse, die unser Inneres aufladen, uns ein positives Gefühl (Rausch) vermitteln oder uns Anerkennung und Wertschätzung entgegen bringen, es aber gar nicht gut mit uns meinen, können uns kaputt machen. Da unser Selbstwert als Selbstschutz fehlt.
Ausblick Tag 23 - Alkoholprobleme & Berufsgruppen
Menschen in sozialen Berufen erleben Tag täglich Menschen, die ohne sie kaum klar kommen. Sie erleben auch täglich ihre eigenen Grenzen und sind mit Rahmenbedingungen konfrontiert, die ihnen unentwegt vor Augen halten, dass sie Menschen gar nicht so helfen, fördern, pflegen oder heilen können wie sie es wollten. Eine ständige Überforderung in Familiensystemen trifft auf eine große Überforderung in familiennahen Fürsorgesystemen. Über Alkoholprobleme wird kaum gesprochen, solange die Erkrankung noch nicht auffällig ist. Sucht ist unbemerkt unter uns, auch weil es zu wenig Hilfe im ambulanten Sektor gibt. In Familien genauso wie in ALLEN Berufsgruppen. Ich habe mir heute einen Bericht über Aussteiger:innen aus der AfD angesehen. Aussteiger:innen berichteten, dass sie vor 10 Jahren in der Gründungszeit aus beruflicher Überforderung und wegen Mangel familiärer Bindung zu den Stammtischen der Afd gingen und dort nach Lösungen suchten lange bevor sich die Partei nach rechts radikalisierte. Sie berichteten, dass einige in der Partei sind, weil sie durch die Isolation von Familie und Freundeskreis in den letzten Jahren dort nun emotional, sozial oder finanziell abhängig sind. Die Wähler:innen und Unterstützenden sowie Parteifunktionäre der AfD sind nochmal ein ganz anderes Thema...
Aber morgen geht es um Alkoholprobleme in verschiedenen Berufsgruppen und verschiedenen gesellschaftlichen Institutionen...