Caro's Welt
Bewusste und unbewusste Trinkmomente
Tag 30 - Wandle Trinkmomente in Bewusstseinsmomente
Jeder Moment, den Du alkoholfrei erlebst ist ein Geschenk an Dich. Damit zeigst Du Dir bewusst und unbewusst, dass Du kein Zellgift brauchst, um Dich gut fühlen zu können. Jede natürliche mentale Hilfestellung ist besser als Alkohol. Keine Droge oder Medikament ist eine bessere Alternative als ein selbstfürsorgendes Bewusstsein, Achtsamkeit und Selbstliebe.
(Bei nicht wenigen Menschen sind Medikamente und Substitute allerdings eine notwendige Alternative, um sich wohl fühlen zu können, die ich an der Stelle nicht ausschließen möchte)
GERTY NUSS IST MEIN PERSÖNLICHES UEBERLEBENSKONZEPT. MEINE GESCHICHTE, die dir helfen kann, anders über alkohol zu denken...
Würde ich je wieder anfangen Alkohol zu trinken, würde meine Seele das nicht überleben. Auch mein Körper würde mir ziemlich sicher sehr schnell wieder mehrere Stinkefinger auf einmal zeigen.
Ich habe mir 2022 vorgenommen mindestens 84 Jahre alt zu werden und bis dahin den entscheidenen Rollen in unserer Gesellschaft mit der Bitte um die längst überfällige Offenlegung gesundheitlicher Risiken von Alkohol gehörig auf die Nerven zu gehen. Bis in Deutschland jeder Mensch eine ehrliche Chance erhält, das vermeintliche Genussmittel und Kulturgut Alkohol als Zellgift erkennen zu dürfen. Dafür braucht es eine breite niederschwellige bundesweite Aufklärungskampagne.
Ich möchte Dir weder Deine Freiheit nehmen, noch Dich bevormunden wie Du Dein Leben zu leben hast und möchte Dir nichts vermiesen. Ich möchte, dass es Dir gut gehen kann, richtig gut. Und dass Du Dich frei fühlen kannst, richtig frei. Ich möchte Dich einfach davor schützen, dass Du weder meine, noch Gertis Erfahrungen mit Alkohol machen musst.
Irgendwann könntest du merken, dass da was nicht stimmt. Du könntest unbewusst spüren, dass es Dir sehr schwer fällt ein Leben ohne Alkohol zu führen. Du denkst, dass Du das einfach nicht willst. Oder nicht anders wollen möchtest. Denn, wie schön fühlt sich das oft an? Wie gut tut Dir Alkohol? Wie sehr brauchst Du Alkohol, um Dich gut zu fühlen? Wie stark ist Deine Angst alte Gewohnheiten oder Zusammentreffen, Nähe und Verbindungen mit anderen Menschen aufgeben zu müssen, wenn Du nicht mehr mit Alkohol dabei wärst?
Nicht nur, dass Dir regelmäßiges Entspannen und Genießen oder Feste mit Alkohol Deine Selbstkompetenz und emotionale Freiheit nimmt, einfach besondere Momente auch völlig nüchtern feiern zu können, verursachen bereits geringe Mengen Alkohol 7 von den meist vorkommenden Krebserkrankungen und Bluthochdruck. Bluthochdruck ist Risikofaktor Nr. 1 für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zudem sind Zusammenhänge mit Demenz und sowie Depression nachweislich. Vor allem Männer greifen zu Alkohol als Selbstmedikation bei Depression, bestätigt das Universitätsklinikum Leipzig.
Dein Leben und die Welt geraten immer mehr in Unruhe, wieso genau jetzt auf eines der einfachsten und überall verfürbaren Beruhigungsmittel mit Kult- und Genussgarantie verzichten?
Vielleicht, weil ein genussvolles öffentliches Zusammenkommen völlig normal ohne Alkohol veranstaltet werden kann, alkoholhaltige Getränke nur noch eingeschränkt verfügbar und vermarktet werden, Steuern auf Alkohol erhöht werden und Alkoholverpackungen mit entsprechenden Gesundheitsrisiken gekennzeichnet werden.
Erinnerst Du Dich noch wie es sich anfühlte als Rauchen auf einmal nicht mehr in Restaurants und Kneipen möglich sein sollte?
Unvorstellbar? Heute ist es unvorstellbar in geschlossenen Räumen zu rauchen. Die Gefährdung, die durch "Alkoholgenuss" auf Dich und andere Menschen ausgeht ist nicht so deutlich riech- und sichtbar wie bei Tabak, sie ist aber nicht weniger gefährlich. Krass, oder?
Bis wir mehr alkoholfrei geschützte Räume in unserer Gesellschaft erhalten, biete ich jede kommunikative Hilfe für eine korrekte und frühzeitige Aufklärung über die Droge Alkohol und stigmafreie Suchtprävention an, damit Kinder ein echtes Recht auf einen alkoholfreien Lebensalltag erhalten.
(1) Jedes Kind hat ein Recht auf Achtung seiner Würde als eigenständige Persönlichkeit und auf besonderen Schutz von Staat und Gesellschaft.
(2) Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung ihrer Persönlichkeit, auf gewaltfreie Erziehung und den Schutz vor Gewalt, Vernachlässigung und Ausbeutung. Staat und Gesellschaft schützen sie vor Gefahren für ihr körperliches, geistiges und seelisches Wohl. Sie achten und sichern ihre Rechte, tragen für altersgerechte Lebensbedingungen Sorge und fördern sie nach ihren Anlagen und Fähigkeiten.
Die Vorenthaltung über die echten Risiken von Alkohol im alltäglichen Familienleben aufzuklären widerspricht meiner Meinung nach der Zielsetzung dieser Gesetzgebung.
Kein Alkohol an Kinder < 18 Jahre ist ebenso überfällig wie eine Überarbeitung der kommerziellen und kulturellen Kommunikationsregeln über Alkohol in Deutschland.
Kinder wachsen bewusst und unbewusst mit einer kulturellen Sozialisation auf, in der ihnen vorgelebt wird, dass Alkohol zu unserem Leben gehört und in Maßen unbedenklich konsumiert werden kann. Das entspricht nicht mehr dem aktuellen internationalen Forschungsstand. Die Zahlen explodierender Prävalenzen von alkoholbedingten Volkskrankheiten sind alarmierend.
Ich trinke vordergründig nicht mehr aus Angst vor alkoholbedingter Ungesundheit, Mortalität oder wegen Sucht oder wegen all den negativen Gefühlen, die ich aus meinem Leben mit Alkohol verbinde. Sondern aus der Motivation heraus, an meinem alkoholfreien Leben nichts ändern zu wollen. Es ist gut so wie es ist. Natürlich könnte das ein oder andere einfacher und weniger anstrengend oder sorgenvoll sein, was gerade auf der Welt passiert. Aber meine kleine Welt und mein Innenleben sind endlich ok, endlich nach über 40 Jahren bin ich frei, frei Alkohol brauchen oder wollen zu müssen.
Ich muss nichts mehr unbedingt noch erleben oder “erreichen”, außer meine Kinder noch möglichst oft lachen, singen, tanzen und ausgelassen zu erleben. Ich stehe nicht nur daneben, ich bin dabei. Es geht ihnen gut und für dieses unsagbar große Glücksgefühl bin ich unendlich dankbar. Ich bin davon überzeugt, dass dieses unbelastete reine und freie Erleben meiner Gegenwart für mich nur alkoholfrei frei möglich ist.
Seitdem ich so frei bin, tanze ich ausgelassener als in jeder alkoholisierten Nacht zuvor. Ich nehme jeden Rhythmus in meinem Leben intensiver wahr. Jeder alkoholfreie Impuls schwingt tagelang weiter. Ich muss mich von keinem Absturz erhohlen. Vielleicht flattere ich tiefer, dafür habe ich stets Rückenwind.
BEWUSSTE TRINKMOMENTE
Regulierung negativer Emotionen
Je schlechter ich mich in meinem Leben fühlte, je unglücklicher, verzweifelter, frustrierter, passiver und je erschöpfter ich war, desto bewusster habe ich meine Flaschen Rotwein geöffnet.
Täuschung, Betrug & Heimlichkeiten
Irrtümern unterliegen, an der Nase herumgeführt, getäuscht, hingehalten und vernachlässigt zu werden, kann schmerzhaft sein.
Wie kommt es in sozialen Beziehungen dazu?
Ich kann total gut nachempfinden, warum Kinder ausflippen wenn sich andere nicht an Spielregeln halten. Warum sie aus der Haut fahren und ihrem Gegenüber am liebsten das Spielbrett über den Kopf ziehen wollten. Zum Glück haben wir Menschen eine Impulskontrolle (Alkohol kann diese übrigens ausschalten).
Wann und wieso halten wir uns nicht an vereinbarte Spielregeln?
Exkurs in die Spieltheorie
Ich versuche es einmal spieltheoretisch vereinfacht runter zu brechen. Wann könnte ich bei einem Spiel gegen Regeln verstoßen? Oder anders gefragt:
Warum könnte es mir schwer fallen, mich an Spielregeln zu halten?
1. Weil ich unbedingt gewinnen möchte. Oder weil ich nicht verlieren mag. Hier kann eine übermäßige Leistungsmotivation entstehen.
2. Weil ich das Spiel nicht (mehr) mitspielen möchte, ich mich aber verpflichtet fühle oder weil mich jemand nötigt es (weiter) mitspielen zu müssen. Hier kann Lustlosigkeit, Desinteresse oder Frust entstehen.
3. Weil mir das Ziel eines Mitspielenden wichtiger ist als mein eigenes oder mir seine Reaktionen im Spiel (Gunst oder Missgunst) wichtiger sind als das Spiel selbst oder andere Mitspielende oder wichtiger ist als ich es mir selbst bin. Hier kann emotionale Abhängigkeit im Spiel sein.
Oder weil ich betrunken bin.
Unsere gesellschaftliche Spielregel “kontrollierter Alkoholkonsum”
Was passiert in einem sozialen Bezugssystem, wenn sich nicht (mehr) an die Spielregeln gehalten wird? Das kommt ganz auf die Veranlagung der Mitspielenden an, welche Dynamik das Spiel dann nimmt. Besteht ein hierarchisches oder autoritäres Verhältnis unter den Mitspielenden, könnten dominante oder konfliktscheue Typ:innen darauf hinarbeiten, dass neue Spielregeln ihrer Zielsetzung angepasst werden oder Regelverstöße einfach schweigend toleriert werden, um das Spiel weiter am Laufen zu halten oder nach ihren Vorstellungen das Spiel (ohne Gesichts-, Macht-, Image- oder Kapitalverlust) zu Ende zu bringen.
Sind die Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse (emotional und sozial) ausgeglichen und besteht bei den meisten Mitspielenden ein angemessen gleich verteiltes Spielinteresse, ist wohl eher ein transparenter Diskurs zu erwarten. Mitspielende würden möglicher Weise die Gelegenheit nutzen, offen darzulegen, warum sie gegen eine Regel verstoßen haben und sie würden gemeinsam nach einer Lösung, neuen Regeln oder einem neuen Spiel suchen.
Neues Spiel, neues “Familienglück”.
Neues Spiel, neue “Karrierechancen”.
Neues Spiel, neues Recht auf öffentliche Transparenz über gesundheitliche Risiken durch“verantwortungsvollen” Alkoholkonsum.
Verlust ist kalkulierbar?
Unwürdig wird es, wenn Menschen in Spielen verharren müssen, deren Spielregeln sich ohne offenen Diskurs ändern. Das kann dazu führen, dass sie das Spiel und den Spielverlauf nicht mehr nachvollziehen können und in eine Handlungsunsicherheit geraten. Meistens werden Spielregeln von Mitspielenden dann geändert, wenn sie das Spielende manipulieren, die Zielsetzung eines Spiels ändern oder gar ein anderes Spielfeld mit neuen Mitspielenden eröffnen wollen. Gestaltet man die Spielentwicklung gemeinsam, erhalten alle Mitspielenden die gleichen Chancen.
Werden einzelne Mitspielende nicht in die (neue) Spielstrategie eingebunden, aber im Spiel gehalten, werden sie sich weniger einbringen können und ihre Verhaltenssicherheit verlieren. Ab dem Zeitpunkt werden sie ohne übermäßiges Improvisationstalent ihrer Rolle im Spiel immer weniger gerecht werden können als “Eingeweihte” und sie erhalten weniger Gestaltungs- und Entscheidungsmöglichkeiten als die übrigen Mitspielenden für das Spiel.
Zum “Verlieren” verurteilt?
UNBEWUSSTE TRINKMOMENTE
Passivität & Opferhaltung
Gerti war ganz sicher nicht bewusst, wie schädlich Alkohol sein kann als sie aufwuchs, ebenso wenig wie mir. Bier und Wein gehören zum Gesellschaftsspiel sogar dazu. Schnaps nur für die Verdauung, oder wenn Du ein Spiel verlierst, muss Du einen Kurzen genießen.
Worauf ich mit dem spieltheoretischen Beispiel hinaus möchte ist vielleicht noch nicht ganz so deutlich geworden?
Unbewusste Trinkmomente erleben wir durch die Sozialisation und kulturelle Normativierung in Deutschland. Ich wollte mit Gerti ganz oft “Mama und Kind” spielen, aber Alkohol mischte sich ständig unter uns und änderte das Spiel, ihre Spielregeln oder ihre Spielstrategie als Mutter. Sie verhielt sich häufig unerwartet und unberechenbar. Sie ließ mich im Stich und ich konnte es nicht verstehen. Ich fand keinen erklärbaren Grund. Keine:r konnte mir so wirklich erklären woran es lag und was Alkohol eigentlich mit Menschen macht.
Vernachlässigung von Kindern wegen Alkohol kommt in Millionen gut situierter Haushalten vor, natürlich bekannter Maßen auch in prekären Verhältnissen. Alkohol kennt aber keinen Gehaltszettel, im Gegenteil.
Aber darüber spricht man doch nicht.
Dafür man spricht davon, was für ein schwacher Mensch und was für eine schlechte Mutter Gerti wohl war. Und Carolin, Du warst auch kein einfaches Kind, oder?
BEWUSSTE TRINKMOMENTE
Betäubung, Trost und Beruhigung
Plötzlich war sie weg und ich alleine mit meinen Erfahrungen mit ihr. Nicht ungeliebt, aber völlig überfordert. Um die Vorstellung meines Ideals betrogen. Warum hat sie sich nicht helfen lassen und warum ist sie nicht wenigstens in meiner Nähe geblieben mir zur Liebe? Warum habe ich ihr nicht gereicht? Als kleines Kind dachte ich lange, es muss an mir liegen. Und ich dachte, vermutlich habe sie alle Recht. Mama ist nicht zu helfen und wenn sie es nicht erkennt, dann kann ihr keiner helfen.
Irgendwann erfuhr ich als Heranwachsende im Zusammenspiel mit anderen Menschen, dass ich gar nicht so unverzichtbar bin wie ich es bei meiner Mama spürte. Ich bin sogar was ganz Besonderes. Ich bin sogar für jemanden so besonders, dass er oder sie mich lieb hat oder mich für ganz besondere Aufgaben einteilt. Wie geil ist das denn bitte? Ein berauschendes Gefühl!
Und dann?
Plötzlich war es weg. Wieder jemand einfach weg. Wieder konnte ich mich nicht verlassen. Wieder mein Vertrauen getäuscht. Und ich war wieder alleine mit meinen Erfahrungen und konnte es mir nicht erklären.
Um die Vorstellung eines Ideals betrogen.
Neues Spiel, neues Glück...
Prost!
WANDLE TRINKMOMENTE IN BEWUSSTE LEBENSMOMENTE
Wann hast Du das größte Verlangen Alkohol zu trinken und warum?
Wieso verwenden wir “was Trinken” synonym mit Alkoholkonsum?
Wieso dulden wir so viel alkoholbedingte Unfälle, persönliche Grenzüberschreitungen, Gewalt, Gesundheitsrisiken, Volkskrankheiten, Depressionen, Suchterkrankungen, soziale und emotionale Vernachlässigung bis Misshandlung von Kindern und volkswirtschaftliche Leistungsdefizite?
Warum und wofür trinken wir so oft unbewusst Zellgift?
Weil wir unbewusst verlernt haben uns nüchtern zu begegnen, zu lieben, zu feiern und besonders zu fühlen?
Weil positive Bewertung, Belohnung und Ehrung alkoholfrei gesellschaftlich zu wenig spektakulär ist?